Länderspielpausen sind lang, Länderspielpausen sind lang. Erst fangen sie ganz langsam an, aber dann, aber dann... und damit gehen wir rein in die neue Woche, eine ohne nerviges Länderspiel - danke Merkel. Wir blicken zurück aufs vergangene Wochenende, thematisieren Choreos, Jubiläen (20, 13, 15, 25) und Spruchbänder. Rein da!
POLICE DOING POLICE THINGS
Die bange Frage, welche Fanszene nach Hannover (auf St. Pauli), Köln (in Bochum), Stuttgart (in Stuttgart) an diesem Wochenende ins Fadenkreuz der Polizei gerät, ist mittlerweile beantwortet. Eintracht Frankfurt sollte es diesmal sein und die Jungs und Mädels von der Nordwestkurve hatten alle Hände voll zu tun, die Schergen in Schach zu halten. Dennoch stehen am Ende 70 verletzte SGE-Fans und rund 50 verletzte Angreifer auf Seiten der Staatsmacht. Das martialische Auftreten der Behelmten ließ sich also genauso wenig von der Länderspielpause ausbremsen, wie die Fans in den Kurven, die für zahlreiche Choreografien in den Stadien sorgten. Und auch Tapeten fanden in hoher Anzahl den Weg in die Blöcke - meist, um auf die Polizeigewalt der letzten Wochen zu reagieren und Solidarität mit den angegriffenen Fans zu demonstrieren.
HANNOVERS KLARE ANSAGE
Bereits am Freitag feierten die mitgereisten Fans von Hertha BSC im Niedersachsenstadion Hannover das 20-jährige Bestehen der "Hauptstadtmafia" mit Blockfahne und Pyroshow. Auf der Heimseite zeigte die Nordkurve Hannover mehrere Tapeten zum letzten Auswärtsspiel auf St. Pauli, bei dem die Polizei Hamburg einen unrühmlichen Auftritt hinlegte und zahlreiche Fans brutal verletzte. Wer sich die Szenen nochmal zu Gemüte führen möchte, schaue bei Kurvenhelden in den Socials vorbei. Die Hannoveraner Spruchbänder im Wortlaut: "Gebote der Verhältnismäßigkeit - Definition der Polizei HH: - Legitimation: Beendete Rangelei im Block - Erreichung verfolgter Zweck: 0 gerettete Personen, unzählige Verletzte - Wahl des mildesten Mittels: willkürlich Pfefferspray & Schlagstock - Grenze des Zumutbaren: Tote durch Schusswaffengebrauch - Urteil: Bullen sind Kriminelle in Uniform & Feind Nummer 1!"
WIRBEL UM FCH-CHOREO
Am Samstag ließ die Choreo auf der Südtribüne Rostock aufhorchen. Beim brisanten Duell gegen den FC St. Pauli spielte die Hansa-Fanszene erneut mit Doppeldeutigkeiten. Nachdem 2022 die schon länger existierende Lichtenhagen-Zaunfahne in Richtung Gästeblock gehängt, diese beim Auswärtsspiel in Hamburg erneut prominent am Zaun platziert wurde und zahlreiche Hansa-Fans mit angesteckten Sonnenblumen am Millerntor auftauchten, meldete man nun eine Jubiläumschoreo (13 Jahre) der Gruppe "Plattenbau Rostock" beim Verein an und zeigte eine schwarz-weiße Blockfahne mit Rostocker Plattenbauten - darunter das sogenannte Sonnenblumenhaus, welches zum Symbol der rassistischen Pogrome von 1992 in Rostock-Lichtenhagen wurde. Im oberen Bereich der Tribüne erhellte Pyrotechnik einen "FC Hansa" Schriftzug, unten an den Häusern stieg hinter einem "Plattenbau Rostock" Schriftzug schließlich schwarzer Rauch empor. Dies werteten nicht wenige als Anspielung auf die Brandanschläge, was erwartungsgemäß ein großes Medienecho hervorrief. Im Parallelspiel der 2. Liga führten Ultras des VfL Osnabrück eine sehenswerte lila-weiße Fähnchen-Choreo unter dem Motto "Alles für Verein und Hasestadt"inklusive lila und weißen Rauchtöpfen durch.
VON FREUNDSCHAFT UND POLIZEIGEWALT
Am Nachmittag zeigten Ultras von Borussia Mönchengladbach eine Freundschaftschoreo (15 Jahre) mit Poli Timisora, bei der im Gästeblock grüner, weißer und lila Rauch aufstieg und ein Mittelelement der zwei Vereinswappen gezeigt wurde. Nach dem Spiel soll es zu mehreren Angriffsversuchen von BVB-Fans gekommen sein. Aufgrund der freundschaftlichen Kontakte zwischen Fans von Borussia Dortmund dem 1. FC Köln ist die Partie gegen die Fohlen von großer Bedeutung für beide Seiten. Laut Medieninformationen schwebt ein 21-jähriger Gladbach-Fan schwer verletzt in Lebensgefahr. Hier die passenden Worte zu finden fällt nicht leicht. Das Tragen anderer Farben darf niemals Grund für derart ausufernde Gewalt sein. Komm schnell wieder auf die Beine, damit du deine Borussia weiterhin leidenschaftlich supporten kannst! Gute Besserung!
Eine Freundschaftschoreo (20 Jahre) gab es auch im Steigerwaldstadion zu sehen. Rot-Weiss Erfurt feierte die Verbindung zu Chemie Halle unter dem Motto "Mondsichel und Wagenrad für immer verbunden". Beim Spiel der Eintracht aus Frankfurt gegen die sportlichen Überflieger vom VfB Stuttgart war es die bereits erwähnte Polizeigewalt, die die Schlagzeilen beherrschte. Im Umlauf der Nordwestkurve kam es nach einer Rangelei zu einem unverhältnismäßigen Einsatz der in letzter Zeit außer Kontrolle geratenen Polizei. Bei den Kämpfen gelang es den Fans, die Polizei zeitweise aus dem Stadion zu drängen. Es entstand ein großer Sachschaden. In der Gästekurve schmetterten die Stuttgarter ein solidarisches "Wir wollen keine Bullenschweine" in Richtung Nordwesten, ansonsten supportete man jedoch den VfB weiter, was bei einigen Frankfurtern für Unverständnis sorgte. Aktive Gruppen der Cannstatter Kurve veröffentlichten nun ein Schreiben, indem die bewussten Falschinformationen der Polizei kritisiert werden.
TOPSPIEL AUF DEN RÄNGEN
Am Abend stieg das Topspiel der 2. Liga im Düsseldorfer Rheinstadion. Die Fortuna empfing den FC Schalke 04 und beide Fanszenen präsentierten sich optisch von ihrer besten Seite. Die Fortunen zeigten eine über beide Ränge verteilte "95" mit dem Schriftzug "Größe zeigen, mutig bleiben". Gegenüber in der Gästekurve wurden blaue und weiße Fahnen verteilt. In der Mitte prangte das S04-Wappen mit den Worten "Super Schalke". Alles andere als super war hingegen der blutleere Auftritt der Schalker Mannschaft, was die Fanszene mit dem Einstellen des Supports quittierte. Die Mannschaft und der Vorstand des FC Schalke reagierte nun mit einem offenen Brief und entschuldigte sich bei den Anhängern.
IN LEIPZIG NUR LOK UND CHEMIE
Am Sonntag stieg in Leipzig das Stadtderby zwischen der BSG Chemie und Lokomotive Leipzig. Im Alfred-Kunze-Sportpark gab es sowohl in der Heim-, als auch in der Gästekurve eine Choreografie zu sehen. "Wir sind die Chemiker" hüben, "Wir sind die Fans vom Südfriedhof" drüben. Der Vorstellungsrunde auf den Traversen folgte ein umkämpftes 1:1-Remis. Das Spiel wurde live im MDR übertragen und bot Kurzweil, weil der Viertliga-Fußball im Vergleich zum Schickimicki-Bundesliga-Rasenschach niedere Instinkte befriedigt. So viel Kampf, Leidenschaft, Grätschen auf einem Platz von Kartoffelacker - geil! In Lübeck war die Arminia aus Bielefeld zu Gast, zündete hinter einem "Vom Wahnsinn angetrieben" Transparent reichlich Pyrotechnik an der Lohmühle. Am Betzenberg in Kaiserslautern gab es die nächste Jubiläumschoreo (25) zu sehen. Die 1998 gegründete Generation Luzifer feierte ein Vierteljahrhundert Bestehen mit einer großen Choreografie über die Westkurve des Fritz-Walter-Stadions.
Alle genannten Aktionen findet ihr als Fotos oder Videos auf unserem Instagram-Kanal KURVENHELDEN AKTUELL
AUSBLICK
Am kommenden Wochenende dürfte es bereits am Freitag heiß hergehen. In Hamburg kommt es am Millerntor zum Stadtderby zwischen dem FC St. Pauli und dem Hamburger SV. Zusätzliche Würze erhält die Begegnung dadurch, dass es sich um ein absolutes Spitzenspiel handelt, empfängt der Tabellenführer St. Pauli doch den Verfolger HSV. Mit einem Sieg könnte sich der FCSP bis auf sechs Punkte vom Stadtnachbarn absetzen und seine Aufstiegsambitionen unterstreichen. Freuen dürfen wir uns auf ein stimmungsvolles Derby auf den Rängen - hoffen tun wir, dass die Polizei nicht in die nächste Sparringsrunde zur EURO 2024 gehen will.
Passt auf euch auf!
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